Alpenländische Küche (III): Tafelspitz a la Glacier


Faszination Gletscher

Gletscher faszinieren auf geheimnisvolle Art schon seit Menschengedenken, so auch mich nicht erst seit vorgestern. Mehrere LiveErlebnisse und letztendlich durch den Impuls zweier Gletscher-Motive des 2015 Fotokalenders der Fotografin Manuela Seiler, manipulierten meine Gedanken in Form dieses Artikels. Quasi zwangsläufig stellte sich mir nämlich die Frage, wie der schroffe Gletscher-Style in die Kulinarik der Alpenländischen Küche authentisch integriert werden könnte. Eine Herausforderung mit der ich länger als üblich gedankenschwanger unterwegs war.  So entstanden diese, … nun ja, hüstel, … ungewöhnlich „monochromen“ Food-Fotos: Befreit von Farbenfreude! Auf ihre Art so kontrastreich wie Alpengletscher von vorne in ihrem Umfeld eben wirken können, wenn nicht nur die Berge sich scheinbar farblos zeigen.

Tafelspitz Gletscher 2b
Die Reduktion auf das „minimalistische Design“ eines Gletschers

Es ist eine gewagte Neu-Interpretation des österreichischen Nationalgerichts Tafelspitz. Hier zu sehen als  Vorspeisen Variationen, natürlich kalt, schlicht und reduziert.

 

Tafelspitz  „Gletscher-Style“

Zutaten für 4  Vorspeisen

  • 200 g Tafelspitz, gekocht (Rindfleisch)
  • 4 TL frisch geriebener Kren (Meerrettich) bzw. Menge nach Gusto
  • 200 g Topfen (Quark 40% Fett)
  • 100 g Creme Fraiche ( oder auch Schmand)
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • 5 cm Weißer (Bier-)Rettich, in grobe und feine Stifte gehobelt

 

Zubereitung
  1. Gekochten Tafelspitz zu je 50 g Portionen bzw. Scheiben zurechtschneiden. Auf idealerweise schwarzen Tellern oder Schieferplatten platzieren. Einen kleinen Ringausstecher 5 cm auf die Tafelspitz-Scheibe setzen.
  2. Weißen Rettich fein und grob zu Stiften hobeln. Frisch geriebenen Kren jeweils mit Topfen und Creme fraiche vermischen und cremig rühren, Schärfegrad nach Gusto anpassen. Mit Salz, Pfeffer würzig abschmecken.
  3. Zuerst  einen gehäuften  EL Kren-Topfen in den Ring einfüllen, darauf dann die Kren-Creme-Fraiche einfüllen. Die Rettichstifte in eine Richtung auf die geschichtete Kren-Creme legen.

 

Hinweis

Diese Vorspeise sollte erst kurz vor dem Servieren zubereitet werden, da sich die scharfen Aromen des Meer(rettichs) sehr schnell an der Luft verflüchtigen. Die Intensität der Schärfe nimmt mit zunehmdem Fettgehalt der Creme ab und sollte dementsprechend abgeschmeckt werden. Zudem könnte ein Teil des frisch geriebenen Krens auch direkt auf das Fleisch gestreut werden bevor die beiden Cremes darauf geschichtet werden.

 

Geschmacksprofil

Die klassische Kombination Gekochtes Rindfleisch/Kren wird ergänzt durch Rettich, dessen Aroma neben der Schärfe der Senföle ein schwefelhaltiges Öl enthält. Das macht diese Vorspeise in dieser Konstellation einzigartig, ja vielleicht sogar polarisierend. Die Textur dieser Vorspeise ist so vielschichtig und -fältig wie Gletschereis-Schichten und deren optische Wirkung in ihrer Umgebung. Zartes gekochtes gräuliches Rindfleisch steht im Wechsel mit den beiden unterschiedlichen weißen Cremes sowie den „knackigweichen“ weißen Rettichstiften. Kulinarisch surreale Alpengletscher-Impression. Fast monochrom, doch mit kontrastreichem Geschmackserlebnis das ähnlich einer frischen Gletscherbrise sogar bis in die Nase zieht.

 

Tafelspitz Gletscher N 1
Schroffe Optik harmonisch im Geschmack: Meerretich-Creme mit Rettichstreifen auf Tafelspitz

 

 

 

Merrettich Gletscher N 1
Topfen|Creme Fraiche|Meer(Rettich)
Brot Tafelspitz Gletscher N 2
Vegetariern könnte die Variante mit geröstetem Malzkornbrot schmecken

 

GeschmacksSchule: Die Klassiker der Alpenländischen Küche

Durch die multinationalen und kulturellen Ausprägungen im Alpenländischen Raum ist eine erstaunlich facettenreiche Küche entstanden. Nicht zuletzt haben natürlich auch die teils unwirtlichen klimatischen Bedingungen in den Hochlagen dazu beigetragen, dass der Brennwert dieser meist deftigen (fleisch- und käselastigen) Speisen weit über dem eines thailändischen Wok-Gerichts liegt.

Ein Überblick der Österreichischen und der Schweizer Nationalgerichte ist in diesem pdf Download GeschmacksSchule zusammengestellt. Die künftige Speisen-Auswahl aus einer Speisenkarte wird mit einer Kurzbeschreibung der jeweiligen Gerichte erleichtert.

Dieser Artikel ist am 19.09.2015 auf GastroNews.wien veröffentlicht worden.


5 Antworten zu “Alpenländische Küche (III): Tafelspitz a la Glacier”

  1. Was soll ich mit Farben? Diese Zubereitung besticht durch Leichtigkeit und Eleganz!
    «Ça, c’est génial!», wie wir in den französischsprachigen Alpen der Schweiz sagen.
    Danke, Stephan, dass du uns daran teilhaben lässt!

    • Soeben zubereitet und delektiert!
      Herrlich, wie die Gletscherbrise in die Nase (und bei entsprechender Dosierung bis ins Hirn) fährt, wie dies bei Meerrettich eben der Fall ist.
      Bisher habe ich Tafelspitz zwar schon mit Kren, aber eben auch mit verschiedenen Senfsorten genossen (die mir hier jedoch nicht fehlen).
      Mit besten Grüssen aus Fernost,
      FEL!X

      • Hi Felix,
        coole Sache wenn im fernen Thailand auch mal eine Gletscherbrise in die Nase fährt :))
        Danke fuer das Foto, … hatte auch überlegt den Rettich mit einem Spiralschneider zu gestalten. Deine Interpretation Gletscher Style kannst Du gerne verbloggen mit einer Referenz auf mich.;-)
        Gruß aus der herbstlichen B´see Region
        Stephan

  2. Grosse Klasse! Man sagt ja oft, dass in manchem Koch ein kleiner Künstler verloren gegangen sei – das hast du hier eindrücklich bewiesen, lieber Stephan! Ich mag Gerichte, die eine Geschichte erzählen und die Herleitung, wie es zu dieser Kreation hier kam, hat mich stark beeindruckt. Dass ich selbst noch nie Tafelspitz zubereitet habe, dafür schäme ich mich jetzt fast ein wenig. Aber ich bin gerade äusserst motiviert, das daheim endlich mal zu versuchen, zumal ich das Gericht sehr, sehr gerne mag!

    • Hallo Marco,
      Danke für Deine Worte, die mich besonders freuen. Aus genau dem gleichen Grund finde ich auch Deinen Foodblog http://www.myfodprints.net immer inspirierend und ziemlich informativ. Infotainment, wie ein foodblog nun mal m.M. sein sollte. Einfach „nur Rezepte“ findet man auch anderswo. Habe noch viel Spaß auf deiner kulinarischen Reise durch Asien 🙂

      Multikulinarische Grüße
      Stephan

      PS: Man muss sich für fast nix schämen, was man noch nicht realisiert hat. Tafelspitz gehört sicherlich nicht dazu 😉

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