Auf ein Glas Wein: Geometrie hebt Genuss


Wer sich schonmal gefragt hat warum edle Weintropfen in einem schnöden Becherglas gruselig schmecken, dürfte verstehen, dass die Glas-Geometrie  die Wahrnehmung spezifischer Weinaromen wesentlich beeinflusst.

Mich hat die Forschung und Entwicklung von Weingläsern der Glashütte Riedel schwer beeindruckt. Warum? Ich, der Nicht-Weinexperte vor dem Herrn, konnte vor einigen Monaten erstmals bei einer privaten nichtkommerziellen Blind-Verkostung bei einem meiner Wein-Spezies zu meinem Erstaunen deutliche Unterschiede feststellen. Ein und derselbe Wein, eingeschenkt in unterschiedlichen Weingläsern, kam auch geschmacklich unterschiedlich daher. Als Erklärbär kann ich mangels Hintergrundwissen  in diesem komplexen Fall aber nicht gelten, daher habe ich einen Experten als Kooperationspartner für diesen Artikel zu Rate gezogen.

(Achtung, jetzt kommt Werbung!) Im folgenden Gastbeitrag von Horst Kröber im Online Weinmagazin Bonvinitas wird in einem Test die Korrelation von Geometrie und Weingenuss sehr detailliert beschrieben. Natürlich gehen in dieser Testreihe die Gläser von Riedel als Sieger hervor. Aber wie ich selbst erfahren durfte, … nicht ohne ein überzeugendes Geschmackserlebnis abzuliefern.

Und Weinliebhaber, die noch ein wirklich nützliches Geschenk für sich oder seinesgleichen suchen, lesen jetzt weiter.

Nicht nur in der Architektur ist „Form follows function“ einer der wichtigsten Grundsätze, sondern auch bei der Herstellung exquisiter Trinkgläser. Dies gilt insbesondere für Weingläser. Optimal ist, wenn das Glas so geformt ist, dass der Wein im Mund auf die größtmögliche Empfindungsstelle trifft, was allerdings je Weinart und Rebsorte unterschiedlich ausfällt. Dazu ist die neue Rebsortenserie Veritas von Riedel eine großartige Lösung, wie dieser Test zeigt.

Der theoretische Teil

Das Glas als Katalysator hat zum Ziel, all das was ein Wein an Aussehen, Geruch und Geschmack in sich birgt, in optimaler Weise dem Trinkenden zukommen zu lassen. Dass dies nicht mit jedem Glas geht, will nachfolgender Artikel verdeutlichen. Wie bei allen Produkten, gibt es auch bei Gläsern Billigprodukte und Premium-Marken. Der bekannte Glashersteller Riedel aus Kufstein, Austria, gehört zweifelsohne zu der zweiten Kategorie. Wie keine andere Marke hat sich Riedel schon frühzeitig mit der Thematik Wein und Glas beschäftigt. Schon 1973 arbeitete man diesbezüglich mit der italienischen Mittelmeerunion zusammen und entwickelte die ersten „Gourmetgläser“ deren Serie zehn spezielle Größen umfasste.

Da sich Anbau- und Ausbaumethoden und somit auch der Weinstil seit dieser Zeit deutlich verändert haben, hat auch Riedel sich dieser Entwicklung angepasst und seine Weinglaskollektion danach ausgerichtet. Die Gläser dieser neuen Glasserie mit dem Namen „Veritas“ sollen, so Riedel, die leichtesten und dünnwandigsten Weingläser sein, die jemals hergestellt wurden. Weiterer Vorteil dieser Gläser ist, sie können was die Kosten betrifft, mit den handgefertigten Gläsern aus Ländern mit niedrigeren Herstellungskosten mithalten, da es sich um maschinengeblasenes Bleikristall handelt.

Anhand dreier dieser neuen Riedelgläser soll durch eine Weindegustation untersucht werden, wie sich entsprechende Weine in „normalen“ Vergleichsgläsern und den „speziellen“ Riedel-Veritas-Gläsern präsentieren, und worin die etwaigen Unterschiede bestehen. Vorher jedoch ein paar Grundsätze zur Sensorik und zum Glas selbst.

Natürlich kann das Glas als Instrument keine Wunder vollbringen, die Qualität des Weines ist und bleibt Voraussetzung, aber es kann die Vorzüge des Weines deutlicher schmecken lassen. Ein paar Grundsätze sollten bei der Glasauswahl beachtet werden. Zur visuellen Begutachtung des Weines bedarf es eines undekorierten, farblosen Glases. Damit die Temperatur der Hand nicht auf das Getränk übertragen wird, empfehlen sich ein langer Stiel und ein Kelch mit dünner Wand. Dickwandige Gläser übertragen nachteilig die Temperatur des Glases auf den Wein. Die Größe und die Form des Kelches richten sich nach den Eigenschaften der speziellen Rebsorten. Bevor wir überhaupt mit dem Probieren beginnen, fassen wir natürlich das Glas an. Wie wir es anfassen, ist abhängig von Größe und Form des Glases.

Über unsere Kopfhaltung während des Trinkvorgangs entscheidet hingegen, der Durchmesser des Glas-Mundrandes. So haben Ultraschall-Untersuchungen zu der Erkenntnis geführt, dass auch die Zunge je nach Glasform eine unterschiedliche Position einnimmt. Da Wein nicht als „Durstlöscher“ genutzt wird, sondern in kleinen Schlucken genossen werden sollte, ist schon der erste Schluck entscheidend für die Beurteilung eines Weines.

Wie trifft also der Wein auf die Zunge? Da man weiß, an welcher Stelle der Zunge die Geschmacksrezeptoren bestimmte Geschmackskomponenten wahrnehmen, bringt man dies zusammen mit der definierten Körperhaltung und kann somit, entsprechend dieser Erkenntnisse, spezielle Gläser anfertigen. Diese ermöglichen es, den Schluck genau zu platzieren, um zuerst ganz bestimmte Geschmacksrezeptoren zu stimulieren. Da die Mundhöhle über den Rachen mit den Geschmacksnerven verbunden ist, riechen und schmecken wir eigentlich zur gleichen Zeit. Wer es nicht glaubt, halte sich einmal die Nase zu und versuche zu probieren. Was wir dann schmecken sind nur die verschiedenen Grundrichtungen süß, sauer, bitter und salzig. Alles andere bleibt uns verschlossen.

Das Glas soll für den Gleichklang und die Ausgewogenheit der verschiedensten Komponenten sorgen. Besonders das Spiel zwischen Süße, Frucht und Säure ist wichtig. Mit dem richtigen Glas kann das Verhältnis harmonisch zugeordnet werden. Auch die Bitterstoffnote eines gerbstoffreichen Rotweines kann durch die „Schaltstelle“ Glas von grün, adstringierend, scharf bis zu fruchtig, angenehm empfunden werden. Letztlich kann sogar der Nachhall des Weines am Gaumen durch die komplexe Steuerung durch die Glasform bestimmt werden.

Der praktische Teil

Lassen wir es erst einmal bei dem doch sehr theoretischen Exkurs und kommen wir zur Praxis, die letztlich darüber entscheidet, ob die theoretischen Erkenntnisse erfolgreich umgesetzt wurden.

Beim Degustieren eines Weines sollen möglichst alle Sinne angesprochen werden. Das Auge stellt den ersten Kontakt zum Wein her. Hier spielt neben der Optik des Glases selbst auch die Farbe und die Klarheit des Weines eine Rolle. Der Tastsinn bezieht sich eigentlich nur auf das Glas. Dieses soll immer am Stiel angefasst werden. Hier spielt die perfekte Balance des Glases zwischen Kelch und Stiel eine große Rolle. Auch die handwerkliche Verarbeitung des Glases, die seidenweiche Oberfläche und die Leichtigkeit, in der es in der Hand liegt, soll einen optimalen haptischen Eindruck hinterlassen. Beim Geruchs- und Geschmackssinn kommt es darauf an, die Eigenschaften des Weines nicht zu verfälschen, sondern diese durch Form und Volumen des Glases so zur Geltung zu bringen, dass der eigene Charakter des Weines zum Ausdruck kommt. All dies und noch Vieles mehr spielt bei der Entwicklung von sogenannten „Rebsorten- Gläsern“ eine Rolle. Fangen wir einmal mit einem Glastest bei Riesling an.

Test 1:

Wein: 2014 Riesling Auslese edelsüß, Weingut Andreas Laible

Riedel Veritas Riesling

Glas 1: Riedel Veritas-Glas für Riesling Hier haben wir ein Glas, bei dem sich der Kelch nach oben hin verjüngt, um somit die Frucht und die Säure zu komprimieren und ohne Verluste zu transportieren. Das Glas ist so konzipiert, dass es beim Trinken den Wein auf der Stelle der Zunge auftreffen lässt, auf der die Komponenten Frucht, Säure und Süße optimal zu schmecken sind. Aus einem solchen Glas kommt die feine Mineralik, die zarte Fruchtsäure Frische und Lebendigkeit des Rieslings besonders gut zur Geltung.

Schon der Duft lässt bei diesem Glas die für edelsüße Rieslinge typischen Fruchtaromen wie: Pfirsich, Maracuja, reife Mirabellen, aber auch die Säure und eine zarte Schärfe deutlich hervortreten. Dies setzt sich im Geschmack fort. Ein perfektes Süße-Säure-Spiel. Weißer Pfeffer und Muskat sowie feine Mineralien sind in perfekter Harmonie schmeckbar.

Glas 2: (Vergleichsglas) Kelch ausladender und nicht nach oben verjüngt. Duft kaum vorhanden. Beim Geschmack, Frucht pur aber keinerlei Säure und Mineralnoten. Der Wein bleibt eher süß und stumpf.

Glas 3: kürzerer Stiel, Kelch nach oben etwas verjüngt. Duft konzentriert, fast streng, aber nur ein Ausschnitt des gesamten Spektrums. Im Geschmack ebenfalls streng. Man schmeckt die Säure, Muskat, weißen Pfeffer und auch die Süße in Einzelteilen, aber sie fügen sich nicht zu einem Gesamtbild zusammen.

 

Test 2

Wein: 2014er Chardonnay Weingut Aufricht, Bodensee:

Riedel Veritas Chardonnay

Glas 1: Riedel Veritas-Glas für Chardonnay: Ein gutes Glas für weiße Burgundersorten sollte anders beschaffen sein als das Riesling-Glas, da diese Weine oft wenig Säure aber mehr Alkohol besitzen. Daher empfiehlt sich ein etwas ausladenderer Kelch, der dem Wein Raum gibt um seine Vielfalt zu zeigen und nicht eindimensional zu wirken. Die weite Öffnung des Glases steuert den Wein auf den Punkt der Zunge, wo die Säure schmeckbar ist und lässt den Wein dadurch lebendig und rassig schmecken.

Dufttest: Aromatik deutlich riechbar und in schöner Harmonie. Lebendigkeit und Frische. Im Geschmack rund, weich und saftig mit einem schönen Säurespiel. Ein harmonisches Miteinander der Aromen, zarter Schmelz und enorme Fülle.

Glas 2: langer Stiel, Kelch ausladend und nicht nach oben verjüngt. Duft: indifferenter als in Glas 1 und wenig harmonisch. Duft verebbt bald. Im Geschmack ist kaum Lebendigkeit zu spüren, und die Säure ist fast nicht schmeckbar. Im Geschmack präsentiert er sich deutlich breiter als in Glas 1. Die Aromen kommen nicht klar raus, wirken irgendwie verschwommen, und es ist eher ein Nebeneinander als ein Miteinander.

Glas 3: kürzerer Stiel nach oben etwas verjüngt sehr konzentriert im Duft, aber rau und fast grün. Säure intensiv riechbar. Im Geschmack kommen die Bitterstoffe zu deutlich raus. Am Schluss wirkt der Wein etwas seifig.

Test 3:

Wein: 2011Spätburgunder Weingut Aufricht

Riedel Veritas Spätburgunder

Glas 1: Riedel Veritas-Glas für Spätburgunder: Bei einem Spätburgunder ist das Glas noch ausladender und besitzt einen tulpenförmigen Kelch. In diesem Glas blüht der Wein regelrecht auf und zieht alle seine geschmacklichen Register. Durch die Glasform trifft der Wein spitz auf die Zunge, verstärkt den Geschmack der Frucht und der süß schmeckenden Komponenten und es entwickelt sich auf dem Gaumen ein aufregendes Frucht-Säurespiel, das harmonisch das Geschmacksbild des Weines abrundet.

Dufttest: Kirscharomatik, ein Hauch Cassis, Brombeere und einer Spur Vanille. Toller Ausdruck. Schon im Duft wird die Bandbreite des Weines erkennbar. Im Geschmack hat man das Gefühl, dass der Wein direkt mit dem ganzen Mund in Verbindung kommt. „Der Wein geht unter die Zunge“. Fülle und Dichte in Verbindung mit Frucht und Gewürzen sind fast auf einen Schlag zu schmecken. Ein optimales Geschmacksbild. Kraft und Leichtigkeit in trautem Einklang.

Glas 2: langer Stiel, Kelch ausladend und nicht nach oben verjüngt. Dezent im Duft, wenig Ausdruck. Im Geschmack starke Adstringenz und deutlich schmeckbare Bitterstoffe und deutlich weniger Fülle und Dichte.

Glas 3: kurzer Stiel, Kelch nicht ausladend und nach oben etwas verjüngt. Duft: Starke Tannine, Lakritze und schwarzer Pfeffer. Fruchtaromen sehr dezent Geschmack: die lauten Noten auch hier. Süße und Frucht nur sehr verhalten zu schmecken.

Fazit

Nur anhand dieser wenigen Beispiele wird deutlich, wie wichtig die Glasauswahl ist. Wer sich allerdings nicht für jede Rebsorte ein extra Glas anschaffen will, dem sei zumindest empfohlen, sich drei verschiedene Wein- Gläser-Typen anzuschaffen, für Weißweine, Dessertweine und Rotweine.

 

 

 


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