Rezept-Duell (II): Dosentomatensuppe, … warum nicht?!


Erstaunen und Faszination gehören irgendwo zusammen wie Genuss & Esskultur, Mangel & Zeit oder …. Dosensuppen & Discounter. 

Heißgeliebte Suppen-Ikone?!

Dosensuppe ist seltsam faszinierend.  Allen voran ist es für mich die Dosentomatensuppe. Schließlich gehört sie neben „Festtagssuppe“ und „Erbsensuppe“ zu den Ikonen im Sortiment Dosensuppe in deutschen Supermärkten.  Ausgerechnet dort, wo Shopbetreiber einschließlich Mitarbeiter tatsächlich täglich und vorbildlich Lebensmittel lieben, tauchen vor mir nicht nur beeindruckend große Regale mit Büxensuppen auf. Ebenso groß sind dort meine drei Fragezeichen.

 

Reichhaltiges Angebot von Dosensuppe
Die Frage nach dem Warum

Seit ich Suppe kochen und denken kann, ist mir als bekennender Suppenkaspar eingedoste Tomatensuppe ein Rätsel. Es sind drei Fragen, die sich ein Dosen-Suppenkaspar vielleicht noch nie gestellt hat :

„Warum eigentlich Dose?

Echt „gut und günstig“ ?

Alternativlos wie Merkel?“

Hier nun ein weiteres  Rezept-Duell, in dem Tomatensuppe unverfälscht im Geschmack, kostengünstig und fast so schnell wie aufgewärmte Dose aufgetischt wird.  Wer auf den legendär einzigartigen Dosengeschmack schwört bzw. soziokulturell bedingt darauf eingenordet wurde, braucht hier nicht weiterlesen. Zweifellos einfacher ist es, „weiter so“ seine Suppe auszulöffeln und gut ist. Die Hersteller freuen sich, zudem bleiben Arbeitsplätze am Suppen-Autoklaven erhalten.

Links: Selbstgemacht mit 70% Tomaten / Rechts: Dosensuppe mit 68% Tomaten. Beide enthalten  5% Sahne

In beiden Fällen ist optisch tatsächlich kein Unterschied zwischen „Selbstgemacht“ (L) und „Dosensuppe“(R)

Links: Selbstgemacht mit 70% Tomaten / Rechts: Dosentomatensuppe mit 71% Tomaten

Werbung vs. Realität

Optisch lässt sich weder bei der Premium-TomatenCreme mit Sahne noch bei der Variante ohne Sahne ein Unterschied feststellen. Die Suppenentwickler haben mit Paprikaextrakt die Farbdefizite der „Tomatenerzeugnisse“ naturgetreu kompensiert. Allerdings ist die Zutatenliste auf einigen Dosen ziemlich irritierend. Zutaten wie Hühnereiweiss, Magermilchpulver oder Zwiebelpulver  geben einer  Tomatensuppe so wenig Authentizität wie der schrill blonde Trumpeter zu einem Miles Davis-Memorial beitragen könnte.  Beispielsweise enthält die Dose zwischen 40 und 71 % Tomaten. Nun denn, … was wird uns nebenbei sonst noch so verkauft?

Was steckt drin?

Ohne die üblichen Verdächtigen nennen zu wollen, sind gemäß deren Zutatenlisten (Stand Feb 2017) beispielsweise in solchen Dosen enthalten:

  • je nach Preisklasse sind  Tomatenerzeugnisse (passierte Tomaten, geschälte Tomaten, oder Tomatenmark doppelt konzentriert) in unterschiedlichen Anteilen enthalten
  • Tomaten-Anteil:  40 bis 71%
  • 1,4 bis 6% Sahne (nur bei den „Cremesuppen“)
  • pflanzliche Öle (Raps, Palm)
  • modifizierte Stärke
  • ca. 4,5 % Zucker
  • Speisesalz, Jodsalz
  • Kräuter
  • Laktose
  • Weizenmehl
  • Verdickungsmittel: Guarkernmehl, Xanthan und /oder Johannisbrotkernmehl
  • Hühnereiweiss (nur  in den Suppen des „Preiseinstiegs-Segments“ enthalten)
  • Magermilchpulver
  • Milchzucker
  • Milcheiweiss
  • färbender Paprikaextrakt
  • natürliches Aroma
  • Gewürze

 

Rezept-Duell: Dosensuppe vs. Homemade DIY Suppe

Rezeptvorschlag für eine fix zubereitete Tomatensuppe mit Schmackes

Menge Zutaten € / Menge (kg)
700 ml Passierte Bio-Tomaten (ca. 1,45 €/l) 0,99 / 0,700
200 ml Wasser 0,01 / 0,200
60 g Selbstgemachte Gemüsebrühe-Mix* 0,24 / 0,060
50 ml Sahne 30% Handelsmarke (ca 2,25 €/L) 0,11/ 0,050
5 g Italienische Kräutermischung (optional) 0,15 / 0,005
Summen aufgerundet              1,50 / 1,000

 

Preisvergleich einer Portion Tomatensuppe 200 ml

Dosensuppe ca. 1,80 bis 7,25 €/l : Je nach Qualität der Zutatenliste kostet eine Portion von 200 ml (= 1/2 Dose) zwischen ca.  0,35 € für die Eigenmarke Discount und sagenhaften 1,50 € für ein Marken-Süppchen.

Homemade DIY Süppchen 1,50 €/l : Tomatensuppe hergestellt aus  den in der Tabelle aufgeführten Zutaten kostet 0,30 € pro Portion. Verwendung von Bio-Tomatenpüree mit naturnahem Geschmack der Euch eure naturgegebene Wahrnehmung bewahrt!

„! Sogar 20% Erparnis gegenüber der Billig-Variante und 80 %  Kostensenkung im Vergleich zur megateuren „Premium“-Dosensuppe. Zudem wird Euer Gaumen durch die selbstgemachte Suppe mit 100% unverfälschtem naturnahen Geschmack belohnt!“

 

Zubereitung
  1. Passierte Tomaten zusammen mit Wasser und DIY Gemüsebrühe-Mix (-> *Rezept hier) mit einem Schneebesen in einem Topf vermischen und aufkochen.
  2. Gegebenenfalls nach Geschmack mit ital. Kräutermischung, einer Prise Zucker, einem Schuss Sahne und frisch gemahlenem Pfeffer verfeinern. Anstelle von Sahne kann der Suppe mit 2 EL Olivenöl ein mediterrane Anmutung verpasst werden.

Italienische Küche: Hackfleischbällchen (Polpette) in Tomatensauce oder -suppe, gewürzt mit Parmesan und Basilikum

Geschmacksprofil

Wie zu erwarten, ist der Geschmack der Do It Yourself Tom- Suppe zeitgemäß peppig tomatig, wohingegen die Dose der untersten Preiskategorie eher mit dem Attribut „traditionell pappig“ punkten kann. Für meinen Geschmack sind meine drei verkosteten Dosensuppen allesamt mit 4,5 % Zuckerzusatz zu süß.  Teils sind auch konzentriertes Tomatenmark (bitter!) und sonstige „Aromakiller“ wie Xanthan enthalten. Einen Löffel des Preiseinstiegssegment  ( € 0,35 /200 ml) mit gruseligster Zutatenliste habe ich mutig probiert und, …. ab in die Bio-Tonne, vor Schreck sogar das Beweisfoto vergessen zu schießen.

Die mittlere Preisklasse für  € 1,00/200 ml schmeckt überraschend tomatig, jedoch kaum Säure,  ebenfalls deutlich zu süß. Nun ja, esse ich trotzdem brav auf, … man kann sie löffeln wenn´s denn unbedingt sein muss.

Schließlich die Premium-Tomatencremesuppe mit Sahne verkostet, allerdings erst nach dem Fotografieren. Der Tomatengeschmack bleibt wie im Billig-Produkt illusorisch und die Süße mit 4,6 % Zucker kommt dafür gewaltig. Geht so für mich gar nicht, ab in die Bio-Tonne.

Meine fix selbstgekochte Variante aus passierten Tomaten hat hingegen einen kräftig aromatischen Tomatengeschmack wie Tomatensaft, ausgereift  mit fruchtiger Säure. Zucker habe ich keinen zugesetzt. Eine kleine Prise, zwecks „Abrundung“ würde aber nicht zu süß schmecken, d.h. max 1 EL (=10 g) auf 1 liter Suppe.

Zudem unterstützt mein selbstgemachtes Gemüsebrühe-Mix als weitere Basiszutat meine „Do It Yourself“ Tomatensuppe durch ein ausgeprägt gemüsiges Aromenprofil. Wie Ihr den Gemüsebrühe-Mix schnell auf Vorrat zubereitet, steht hier (-> *Rezept hier)

Anmerkung: Ausserhalb der Saison (Juli bis Oktober) schmecken Tomaten meist wenig aromatisch. Pürierte Tomaten in Dose oder Glas werden reif geerntet und schnell verarbeitet um maximalen Tomaten-Geschmack zu konservieren.

 

Fazit

Deutschland ist zwar bekanntermaßen Europa-Sparmeister hinsichtlich Lebensmittelkosten. Wenn es um die Lust auf Suppe geht, wird der Spartrieb im Bann der Dosensuppe offensichtlich inaktiviert. Vermutlich ist Dose auch ausserhalb der Campingzeit immer noch kultig: Hauptsache satt, Preis/Leistung egal, weil es legendär lecker  nach großer Freiheit schmeckt? Irgendwo in einer Marketing-Fachzeitschrift las ich vor Jahren zum Thema Marken-Image, dass jene Marken-Tomatensuppe, die einst der amerikanische Popart Künstler Andy Warhol in den 60er Jahren großformatig auf Leinwand zur Dosensuppen-Ikone kürte, daraufhin weltweit reißenden Absatz fand. Eine tatsächlich einzigartige Marketingleistung für eine Mainstream-Suppe in Dosen, …Respekt.

 Die oben präsentierte  Kalkulation und der ungebrochene Erfolg der Dosentomatensuppe veranlasst mich zu meiner etwas ungehobelten These: Der von Warhol inszenierte Dosen-Mythos war die Geburtsstunde des  Neuromarketings und manipuliert seitdem den kulinarischen IQ der Dosensuppenkasperles. Und zwar nachhaltig, generationsübergreifend seit 1968.  Ja, vom ARTgerechten Erbe Warhols profitierten die Dosensuppen-Hersteller bis heute am Point of Sale. Auch dort wo Shopbetreiber samt Mitarbeiter Lebensmittel lieben, so zumindest ein bekannter Slogan.

Faszinierend, wie die eingedoste Geschmackswelt einer Suppen-Ikone sich über Jahrzehnte lieblos als Favorit behaupten kann!?

Tipp

Wer meinen Exkurs in die faszinierende Absurdität dieser Dosensuppe nachvollziehen kann und meine nächsten Artikel in der Serie „Rezept-Duell“ nicht verpassen möchte, trägt sich sicherheitshalber oben rechts in meinen Newsletter ein.

 

DIY Tomatensuppe mit mariniertem Garnelenspieß und Basilikum

Pimp your DIY Tomatensuppe

Wenn Ihr die Suppe auf Vorrat kocht, könnt Ihr sie z.B. auch als Basis in Eintopfgerichten bzw. in sogenannten „One Pot Gerichten“ verwenden, …. sind ja in der kalten Jahreszeit laut Google-Suche weit oben gelistet.  Als Medium zum Garen von Zutaten bzw. für Einlagen mit relativ kurzer Garzeit ist Tomatensuppe bestens geeignet für:

  • Fischstücke
  • Gin
  • Creme Fraiche
  • Hackfleischbällchen
  • Wurzelgemüse (Sellerie, Pastinake, Petersilienwurzel, Möhren) klein gewürfelt
  • Fenchel in Streifen
  • Hörnchen-Nudeln
  • Rote Beete, gewürfelt
  • Chorizo
  • Seafood wie Muscheln, Garnelen, Octopus
  • Rote Bohnen (Kidneybohnen)
  • Paprika
  • Ajvar
DIY Tomatensuppe mit Petersilienwurzel, Karotte und Orangenolivenöl
Tomatensuppe mitKidneybohnen, Chorizo-Spieß und Basilikum
DIY Tomatensuppe mit Kidneybohnen, gebratenem Chorizospieß und Basilikum

 

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