Nicht wenigen Lebensmitteln wurde im Lauf der Menschheitsgeschichte einmal eine libido-fördernde Wirkung nachgesagt und wurden zum Aphrodisiaka gekrönt. Es scheint, als haben sich die Nachkommen Adam und Evas unmittelbar nach der Verbannung aus dem Paradies auf die Suche nach der verbotenen Frucht gemacht. Offensichtlich stellte sich seit jenem Tag nicht nur die Frage welche Lebensmittel satt machen, sondern eben auch:
„Was war denn nun eigentlich die vielversprechende Frucht der Erkenntnis?“
Der berühmte Apfel allein schien es meines Erachtens jedenfalls nicht zu sein. Anders lässt sich die Fülle von Büchern, Rezepten bzw. Texten nicht erklären, die seit der Antike dieser Frage nachgehen.

Exotisch gleich Erotisch?
So findet man beispielsweise in den Lebenserinnerungen des berühmten Giacomo Casanova (Anm.: einer der ersten Gastro-Kritiker) oder auch von Isabel Allende („Aphrodite – Eine Feier der Sinne“) zahlreiche Zutaten wie Chili, Vanille, Artischoken, Austern und Bananen, denen eine libidonöse Wirkung zugesprochen wird. Erstaunlich ist zudem, dass sogar der Kartoffel bei ihrer Ankunft in Europa diese Eigenschaft zugesprochen wurde. Offensichtlich gilt bei Aphrodisiaka Rezepten das Gesetz der Exklusivität: exotisch = erotisch.

Was rar und teuer ist, galt zu allen Zeiten in allen Kulturkreisen als potenzfördernd. In Japan ist es z.B. die Haifischflossensuppe und in Europa immer noch der Safran. Im 16. Jahrhundert waren es der Kakao und die Tomate. Besonders der Gewürzhandel hat es seit jeher wie kein anderer verstanden, seinen Wohlstand und Einfluss mit intelligentem Marketing auszudehnen. Erst aphrodisisch („Sex sells“ bei den lukullischen römischen Gelagen und in den Adelshäusern), dann heiltätig (z.B. Hildegard von Bingen, Maria Threben) und schließlich einfach nur geschmacksfördernd in der modernen Küche ohne Geschmacksverstärker.

Gleichermaßen scheint auch das uns als banal vorkommende Gesetz der Analogie zu gelten: Viele unserer Vorfahren dachten, dass alles Essbare was der Anatomie eines Sexualorgans ähnelt, von der Natur zu dem Zwecke erschaffen worden sei, auch beim Verzehr die fleischlich-physische Lust zu erwecken.

Zwei ehrliche Antworten
Die genannten Gesetze der „Analogie“ und „Exklusivität“ von Zutaten können auch in der heutigen Zeit bei Konsumenten aphrodisische Emotionen wecken. Es kommt nur darauf an, wie ein solches Produktkonzept kommuniziert wird bzw. in welchem Kontext es tatsächlich authentisch wirken kann. Die zwei alles entscheidenden Fragen lauten daher:
„An welchem Ort genießen wir mit wem in welcher Stimmung aphrodisische Zutaten?“
„In der Kantine gemeinsam mit einem stressigen Vorgesetzten, gekleidet im Overall eine köstliche Bouillabaise mit Safran zu verspeisen ist nun mal eine ungleich andere Situation wie mit seinem stilvoll gekleideten Lebenspartner während des Urlaubs unter Sternenhimmel an einem einsamen Strand. Hier gelten banale, ungeschriebene Gesetze: der Genuss kommt mit der Stimmung, bzw. die Schönheit liegt im Auge des Betrachters!“

„Was darf bei aller erotischen Stimmung und Euphorie beim Einsatz von Aphrodisiaka aller Art bei Kerzenlicht und Rosenblätter-Dekor nicht vergessen werden?“
„All das ist nur ein Highlighter und keine Garantie für einen erfolgreichen Valentinstag oder ein glückliches Ehejubiläum. Probleme in der Partnerschaft oder mit der Gesundheit, können mit aphrodisierenden Speisen sicherlich nicht allein gelöst werden. Diese können eigentlich nur als Krönung eines ohnehin schon entspannten Abends dienen.“

Übersicht klassischer Aphrodisiaka aus der Literatur
(Quelle SZ Nr. 33, Panorama 8.Feb 2013)
Zutat | Kommentare aus der Literatur |
Artischocke, Avocado, Brokkoli, Feige, Karotten | Gemüsesorten, die besonders Vitamin A und E enthalten |
Granatapfel(sirup) | In der Antike als Sinnbild für Fruchtbarkeit, Aphrodite wurde ein Granatapfel von dem trojanischen Königssohn Paris übergeben als sie den Wettbewerb zur olympischen Göttin gewann. Interessante Textur der süßlich herben Kerne, Stärkung des Immunsystems durch hohen Vitamin und Eisengehalt. |
Fisch, Rind | Proteinhaltig, zinkhaltig, Stärkung der Manneskraft |
Austern, Meeresfrüchte, Kaviar | Proteinhaltig, zink- und phosphorhaltig, Förderung der besonders der männlichen Libido. Aufgrund des hohen Zinkgehalts wird die Testosteronproduktion angekurbelt. |
Trüffel | Luxuriöser Animateur speziell für die Frau, moschusähnlicher Geruch bei Trüffel, enthält Pheromone bzw. flüchtige Derivate des männlichen Sexuallockstoffs Testosteron. Einsatz erfolgreich bei weiblichen Trüffelschweinen |
Petersilie, Sellerie | Bodenständige Animateure, „Klassiker in der Hausmannskost“ |
Chili, Pfeffer, Tabasco-Sauce, Senfspezialitäten, Meerrettich, Ingwer | „Alles was scharf macht“, Wirkung umstritten, leichter Schmerz im Mund und Schleimhäuten wird ausgelöst. Körper beginnt umgehend mit der Ausschüttung von Glückshormonen. Reize kurbeln den Organismus an, Durchblutung kommt in Schwung. |
Indische Currymischungen, Curry-blätter, Vanille, Zimt, Koriander, Kardamom, Rosenblütenextrakt, Ingwer, Kokosöl, Kokosmilch, Safran, chinesischer Schnittlauch, Sternanis, Knoblauch, Lakritzpaste | Anregende Wirkung für die Sinnlichkeit durch exotische Aromenvielfalt |
Schokolade, Kakao | Ausgelassene Stimmung durch die Produktion des Glückshormons Serotonin |
Cherrytomate, Banane | Optische Wirkung |
Champagner | In der Werbung fallen Klamotten wo Korken knallen: „Prickelndes Getränk= Prickelnde Liebe“, Die am Gaumen zerplatzenden Perlen setzen Aromen sehr sinnlich frei und stimulieren die Nerven auf der Zunge |

Das Gegenteil von aphrodisischem Glück gibt´s auch
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass folgende Lebensmittel und Genussmittel als Anaphrodisiaka (d.h. nicht anregend, sondern beruhigend) wirken: Blattsalat, Gurke, Hopfen, Mönchspfeffersamen. Letzteres sollen nach Überlieferungen die Mönche im Mittelalter zu sich genommen haben um sich von „unsittlichen“ Gedanken befreien zu können. Ebenso trieb-unterdrückend wirkt übermäßiger Genuss von Alkohol (> 0,5 Promille), Koffein und Nikotin.
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2 Antworten zu “Rezepte mit Aphrodisiaka (II): Feier der Sinne oder nur Mythos?”
Lieber Stephan,
alle oben abgebildeten Speisen sehen phantastisch aus! Gibt es dazu bitte
auch die Rezepte?
Herzliche Grüße vom anderen Ufer des Bodensees (Überlingen)
Bärbel Schobinger
Hallo Bärbel,
Ja Rezepte gibt es teilweise mit den Bildern verlinkt. Andere sind „rezeptfrei“ freihändig gekocht 😉
Oder einfach die Zutat oben rechts in die Maske eingeben
oder auch hier
Jap. Erbsensuppe mit Espuma: http://www.kaeuferportal.de/ratgeber/wohnen-wohlfuehlen/japanische-erbsen-wasabi-suppe-karotten-espuma-thunfischspiess
Viel Spaß bei der Qual der Wahl 😉
Stephan