In der heutigen Zeit ist es ja nicht mehr so einfach sich dem kulinarischen Genuss nach dem Kochen unbeschwert hinzugeben, Rezepte können durchaus „böse“ sein. Moderne Sünden unserer Luxusgesellschaft wo man hinschaut !
Wirklich böse Rezepte?
Eine Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel wie sie vor einigen Jahren durch die Fachpresse geisterte, scheint in Deutschland zum Glück vom Tisch zu sein. Demnach wäre z.B. ein guter und zugleich dann auch fetthaltiger Käse als „Böse“ mit Rot gekennzeichnet worden. Für Eiskrem, Cheesecake etc. wäre die Ampel auch nicht auf Grün gestellt worden. Für mageren gekochten Schinken dagegen schon, wobei gleichzeitig auf der Verpackung dann vor zu hohem Fleischverzehr hätte gewarnt werden müssen. Die Verunsicherung bei „Lebensmittel-Analphabeten“ wäre daraufhin wahrscheinlich in Frust oder gar Trotz umgeschlagen.
Was tut gut?
Was ist also „gesund“ und „unbedenklich“? Fisch ist gesund und gut, solange er nicht aus Aquakulturen stammt, MSC Zertifiziert ist und zudem frei von Schwermetallen oder Mikro-Kunstoffpartikeln. Fleisch und Eier vom Bio-Hof, oder besser die Tiere vor Ausbeutung schützen? Gemüse darf natürlich nur aus Bio-Anbau aus der Region stammen, aber welches Bio-Siegel ist das Richtige? Darüber hinaus die Allergen Hinweise (z.B. auch Sellerie!) die auch für Nicht-Allergiker inzwischen scheinbar von Bedeutung sind, denn sogar für Parmesan wird inzwischen „selbstverständlich“ mit „Laktosefrei“ geworben. „Free From“ heisst der neueste Marketing-Claim. Und Alkohol wie auch saure Lebensmittel ( wie z.B. fermentierte Gemüse, Limetten etc.) beschleunigen den Alterungsprozess,… so einige Mediziner. Weizen, Hühnereiweiss, rotes Fleisch, Meeresfrüchte, Cholesterin und Laktose sind generell „böse“ für die Gesundheit?
Was darf man überhaupt noch mit Genuss essen und sich dabei „besser fühlen“? Vegane Fertiggerichte oder vegane „Wurst“, deren (genmodifizierte) Sojazutaten aus brasilianischen Monokulturen stammen und mit zahlreichen Zusatzstoffen hergestellt wurden? Nun denn, …Prost, Mahlzeit!

Intellektuell gestresst?
Ernährungsfragen sind heute mindestens so intellektuell anspruchsvoll wie ein Kreuzworträtsel im ZEIT Magazin, gar nicht leicht zu lösen. Unbeschwert genießen können offenbar nur noch diejenigen, die der täglichen Medien-Flut von widersprüchlichen Ratschlägen trotzen und einfach mal genießen. Denn aufgeklärte Genussmenschen fühlen, dass ständige Entbehrung und schlechtes Gewissen stresst. Und sie spüren, dass Stress und Angst vor „bösem“ Essen sowie Diäten-Hype sie auf Dauer unglücklich und ernsthaft krank machen würden. Die Medizin nennt diese neue Krankheit Orthorexie. Paradoxerweise gibt es unzählige Ratgeber für Stressbewältigung und gefühlt noch mehr Ernährungsmodelle zum „Wohlfühlen“, ein Blick in die Auslagen der Buchhandlungen spricht Bände. Informationsflut bzw. -wut frißt ihre Kinder.

Rezepte aussuchen und dann genießen ist komplex!
Nach gut 2 1/2 Jahren Bloggen stellte ich mir „endlich“ mal die Frage, welches meiner bisher veröffentlichten Rezepte denn angesichts einer solch absurden Gemengelage wirklich eine „Grüne Ampel“ ohne wenn und aber bekommen hätte ? Über Fleisch, Fisch, vegetarisch und auch vegan habe ich rezeptiert. Aber welches davon ist „einwandfrei“ für alle Ernährungsapostel (Paleo bis vegane Glaubensrichtung) ? Keines davon. Sorry, die Quadratur des Kreises erschliesst sich mir nicht und Jünger dieser Gemeinden möchte ich nicht sein!
Nun, es gibt immerhin einige Rezepte in diesem Foodblog, die z.B. sparsam mit mehrfach ungesättigtem Öl, wenig Weizen-Kohlehydraten, fleischfrei, mit proteinreichen Hülsenfrüchten und wenig Zucker zubereitet wurden. Jedoch enthalten sie dann auch wiederum teilweise Zutaten wie Gewürze, Kichererbsen und Kokosmilch aus fernen Ländern. Ja, Rezeptentwicklung wird zunehmend komplex! Gerne dürft Ihr, liebe Fan-Gemeinde, mich auf eventuelle massive „Fehlgriffe“ hinsichtlich Zutaten aufmerksam machen … und eine Alternative aufzeigen, die Genuss verspricht und nicht aktuell Hype ist 😉


Wildschwein-Ragout |Rotkohl | Kartoffel-Pastinaken Püree
Tomatensuppe |Rote Beete | Gin
Erbsensuppe |Kokosmilch | Fisch


Ribollita mit Olivenblättertee

Mittelalterliche Küche: Linsen|Fenchel|Wels


Fazit?
Von allem in Maßen genießen, solange bis sich ein Sättigungsgefühl bei gleichzeitig gutem Gewissen bemerkbar macht! Die Widersprüchlichkeit der Ernährungsideologien bzw. die Quadratur des Kreises dabei frech angrinsen …
Die Prenzlschwäbin parodiert diese komplexe Ernährungssituation, zu finden bei YouTube: Food Porn

4 Antworten zu “Kochen und Genießen? Rezepte werden zunehmend komplex!”
Von den Rezepten in meinem Blog wüsste ich auch nicht auf Anhieb, welches mit einer grünen Ampel «ausgezeichnet» werden könnte.
Eines weiss ich aber ganz genau: durch die immer komplexer werdenden Deklarationsvorschriften und zum Teil kontroversen Empfehlungen werden die Konsumenten immer unmündiger.
FEL!X
Hi Felix, ja man/frau is(s)t irritiert und wird im Food Karrusel(l) ganz schwindelig 😉
Gruß Stephan
Das Curry-Kokos-Gemüse möchte ich sofort auf den Teller ’scannen‘. Sieht köstlich aus!! Und danke für das Loblieb an den ‚Chou de Bruxelles‘. In der Kindheit war es ein Albtraum, heute ein Traum. Zubereitung und Zutaten sind das A und O.
Nun zum Tofu/Soja. Da verhält es sich genauso wie mit Fleisch: Herkunft prüfen! Gen-manipuliertes Soja wird angebaut, da extrem viel Futter für extrem günstiges Fleisch aus Massentierhaltung notwendig ist. Bio-Tofu/Soja hingegegen muss genfrei sein.
Hallo Frau Tietjen,
ja, in meinem Blog finden sich eine Menge Zutaten die ich früher nicht mochte oder gar gehasst habe (sogar während meiner Kochlehre). In den letzten 10 Jahren habe ich all diesen Zutaten nochmal eine Chance gegeben indem ich sie mit Zutaten kombiniert habe, die ich schon immer mochte. Zudem kommt es auch auf die Zubereitung an. Mein nächstes Projekt wird diesbezüglich Kohlrabi sein … inzwischen weiss ich, dass die klassische Mehlpampensauce in Kindheitstagen mir den Genuss von K. vergällt hat.
Soja: richtig, … auch hier ist die Herkunft bzw. Anbaumethode zu berücksichtigen, wenn auch nicht alles Soja dieser Welt aus Platzgründen biologisch angebaut werden kann. Nun ja, die Rezeptgestaltung wird zunehmend komplex 😉